Die Facharbeitsgruppe PT des AfeT traf sich am 21. Februar 2022 erstmalig im Hybrid-Modus, mit 13 Präsenzteilnehmern vor Ort in den Räumen der FTH Gießen und vielen online zugeschalteten Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Belgien. Wie immer war ein breites Spektrum an Bezügen zur PT anwesend, vom erfahrenen akademischen PT-Lehrpersonal über die pfarramtliche und pastorale Praxis bis hin zu Promovierenden und Studierenden. Der Tag begann mit einem liturgisch reflektierten Morgenlob aus gemeinsamem Gebet und liturgischem Gesang. Es folgte eine knappe Vorstellungsrunde aller Teilnehmenden.

Der Vormittag stand unter dem Thema: „Kommunikation des Evangeliums“ – eine geeignete Leitformel für Praktische Theologie? Nach einer Einführung in das Thema von Johannes Schütt, Klinikseelsorger in Leipzig, hielten Johannes Zimmermann, Professor für Praktische Theologie an der EH Tabor und Markus Printz, Pfarrer der ev. Landeskirche in Baden, zwei kontroverse, konstruktiv-kritische Impulsreferate von jeweils 15 Minuten. Anschließend wurde das Thema anhand verschiedener Leitfragen in kleinen Gesprächsrunden diskutiert. Damit Präsenz- und Onlineteilnehmer gleichermaßen von den Diskussionsergebnissen profitieren konnten, wurden Erkenntnis und Fragen über ein sog. Online-Padlet festgehalten.

Für die Verwendung der Leitformel „Kommunikation des Evangeliums“ könnte u.a. deren intendierte Abgrenzung vom religionshermeneutischen Paradigma Praktischer Theologie als dezidiert christliche Form der Kommunikation sprechen. In dieser Hinsicht wäre die Formel auch für eine inhaltliche Füllung aus evangelikaler Perspektive anschlussfähig. Hinsichtlich des Kommunikationsbegriffs ist grundsätzlich positiv wahrzunehmen, dass dieser nicht allein die rein verbale Kommunikation berücksichtigt, sondern auch andere Kommunikationsebenen in den Blick nimmt. Zudem beinhaltet der Begriff eine größere Offenheit für die Konstruktion des Vermittelten auf Seiten der Hörenden und ihrer Reaktionen. Die kommunikationstheoretisch vorgegebene Unterscheidung zwischen Subjekt- und Objektbezug ließe sich dahingehend auflösen, dass der Empfänger des Evangeliums theologisch als passiv, anthropologisch aber als aktiv zu bestimmen ist. 

Als problematisch erweist sich der Kommunikationsbegriff dadurch, dass er vielfach offenbarungstheologisch bzw. pneumatologisch unterbestimmt bleibt und darüber hinaus leicht zum inhaltlich unpräzisen Container-Begriff verkommt. Im Blick auf die Frage nach dem „Gegenstand“ des Evangeliums besteht die Gefahr, dass die reformatorisch festzuhaltende Dimension des Gesetzes weniger stark zur Geltung kommt. Während Befürworter eine Verwendung der Leitformel begrüßen, sofern die Begrifflichkeiten inhaltlich geschärft werden, stellen die Kritiker infrage, ob eine Neuprägung der Formel losgelöst von gewissen weltanschaulichen Prämissen überhaupt möglich ist.

Am Nachmittag bekamen zwei Doktoranden die Möglichkeit, Teile ihrer Dissertationsprojekte vorzustellen. Henrik Homrighausen, Doktorand bei Stefan Schweyer, STH Basel, referierte über erste liturgietheologische Erwägungen zur Gestaltung von Sünde und Erlösung in freikirchlichen Gottesdiensten. Uwe Bertelmann, Doktorand bei Michael Herbst, Greifswald, stellte die Disputationsthesen für die Verteidigung seiner Doktorarbeit „Praktisch-theologische Antworten auf das Auseinandertreten von Christentum und Kultur im ersten Drittel des 20. Jhd. am Beispiel Gerhard Hilberts“ vor.

Den Abschlussvortrag des Nachmittages hielt Holger Böckel, Leiter des Agaplesion-Instituts für Theologie, Diakonie und Ethik. Er stellte die Ergebnisse der vom Institut herausgegebenen Studie „Lebensgefühl Corona“ vor. Einige Hinweise auf neu erschienene, hilfreiche oder weiterführende Literatur sowie die Erinnerung, auch an praktisch-theologische Beiträge im Jahrbuch „Biblisch erneuerte Theologie“ zu denken, das gemeinsam von AfeT und AfbeT herausgegeben wird, rundeten die Tagung ab. Das wiederum liturgisch fein reflektierte Schlussgebet mit Reisesegen bildete den Abschluss.

Die diesjährige Vorgehensweise, am Vor- oder Nachmittag ein übergreifendes Thema zu bearbeiten wurde sehr positiv wahrgenommen und wird deshalb auch für das kommende Jahr wieder so angedacht. Die Veranstaltung hybrid stattfinden zu lassen hatte den Vorteil, dass Teilnehmende aus entfernteren Orten teilnehmen konnten. Dass eine hybride Tagung aber auch technische Herausforderungen mit sich bringt und die Präsenz aller Teilnehmenden wünschenswert ist, wurde deutlich erkennbar.

Henrik Homrighausen