Dissertationsbericht:

Presenting a Prophet in Debate: The Book of Amos

Karl Möller

PhD thesis: Presenting a Prophet in Debate: An Investigation of the Literary Structure and the Rhetoric of Persuasion of the Book of Amos. Cheltenham, 1999.

Die vorliegende Dissertation wurde am Cheltenham & Gloucester College of Higher Education unter der Leitung von Prof. Dr. Gordon J. Wenham (Cheltenham) und Prof. Dr. John Barton (Oxford) verfasst.

Sie untersucht die literarische Struktur und die Rhetorik des Amosbuches (verstanden im aristotelischen Sinne als die Kunst der Überzeugung) und setzt sich dabei mit verschiedenen redaktionskritischen Ansätzen auseinander, die das Buch als das Resultat eines langjährigen redaktionsgeschichtlichen Prozesses verstehen.

Im Gegensatz dazu geht die vorliegende Untersuchung davon aus, dass das Buch bereits kurz nach der Zeit des Amos zusammengestellt worden ist, und zwar mit dem Ziel, den „Lesern“ die zwischen Amos und seinen Zuhörern (d.h. den Israeliten des 8. Jahrhunderts v.Chr.) geführte Debatte vor Augen zu stellen.

Die Arbeit bedient sich eines kommunikationstheoretischen Ansatzes und der Methodik der rhetorischen Kritik um aufzuzeigen, dass die Komposition des Amosbuches einem spezifischen persuasiven Zweck diente. Demnach haben die Redaktoren ganz bewusst die zwischen Amos und den Israeliten geführte Debatte wiedergegeben, um sie einem prä-exilischen judäischen Publikum zur Warnung gereichen zu lassen.

Liest man das Buch nämlich im Licht der katastrophalen Ereignisse von 722 v.Chr. (d.h. dem Fall Israels), dann wird die Schilderung des verzweifelten – und vergeblichen – Ringens des Amos darum, seine Zeitgenossen von dem unmittelbar bevorstehenden göttlichen Gericht zu überzeugen, zu einer machtvollen Warnung an spätere judäische Leser, die störrische Haltung der Israeliten nicht zu wiederholen.

Das einleitende Kapitel stellt den in der Arbeit zur Anwendung kommenden rhetorisch-kritischen Ansatz vor und setzt ihn zu den Anliegen der Redaktionskritik in Beziehung. Außerdem werden das Verhältnis von synchroner und diachroner Arbeit und die Rolle des Lesers im Interpretationsprozess diskutiert und ein Überblick der die rhetorische Kritik kennzeichnenden methodologischen Schritte geboten.

Kapitel zwei beschäftigt sich mit der Makrostruktur des Buches, wobei seiner ursprünglichen Bestimmung Rechnung getragen wird, indem nur Strukturmarker Berücksichtigung finden, die auch in einem oralen Kontext „funktionieren“.

In Kapitel drei werden die rhetorische Situation und das Problem, das zur Produktion des Buches Anlass gaben, betrachtet. Außerdem findet sich eine Diskussion der rhetorischen Strategie, die, wie bereits erwähnt, darin besteht, dass einer aus Judäern bestehenden „Leserschaft“ die Schilderung der zwischen Amos und den Israeliten geführten Debatte als Warnung vor Augen geführt wird.

Die Kapitel vier bis sechs bieten eine detaillierte rhetorisch-kritische Untersuchung von Amos 1-4, bevor im Schlusskapitel die Frage der rhetorischen Wirksamkeit angerissen wird. Es wird dabei gefragt, ob und inwiefern das Buch eine wirksame Reaktion auf das die Produktion des Buches (mit) veranlassende „rhetorische Problem“ darstellt.

Die Dissertation wird voraussichtlich im kommenden Jahr bei Sheffield Academic Press in der Journal for the Study of the Old Testament Supplement Series unter dem Titel A Prophet in Debate: The Rhetoric of Persuasion in the Book of Amos erscheinen.

aus: Evangelikale Theologie Mitteilungen - ETM 6/1 (2000)
Herausgeber: AfeT - Arbeitskreis für evangelikale Theologie

22.07.2000
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