Das Studium des Alten Testaments

Das Methodenbuch AT ist da!

Hartmut Schmid

„Verstehst du auch, was du liest?“ (Apg 8,30). Diese Frage des Philippus an den Kämmerer aus Äthiopien, der gerade in die Lektüre eines alttestamentlichen Textes vertieft war, stellt sich im Grunde jedem, der sich mit der Bibel beschäftigt. Wie legen wir die Bibel aus? Wie verstehen wir sie richtig und angemessen?

Seit der Aufklärung wurde die Auslegung in der wissenschaftlichen Theologie zunehmend von der historisch-kritischen Sichtweise und entsprechenden Methodenbüchern diktiert. In jüngster Zeit kam in die Methodendiskussion wieder stärkere Bewegung. Dabei wurden kritischen Stimmen gegenüber der historisch-kritischen Auslegung aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlicher theologischer Begründung immer lauter. Von den einen wird die Kritik an der biblischen Darstellung der Geschichte kritisiert, den anderen geht sie nicht weit genug. Die einen beklagen die Uneinheitlichkeit der mit derselben Methode erzielten Forschungsergebnisse, die anderen die historische Distanziertheit der Exegeten gegenüber aktuellen Fragen. Mit der literaturwissenschaftlichen Auslegung ist ein neuer Ansatz ins Spiel gekommen, der zunehmend an Einfluss gewinnt. In dieser labilen Situation sollte auch evangelikale Theologie ihre hermeneutischen, methodischen und theologischen Anliegen zur Diskussion stellen.

Nachdem von der Facharbeitsgruppe NT des AfeT „Das Studium des Neuen Testaments“ in zwei Bänden erschienen ist, liegt nunmehr auch „Das Studium des Alten Testaments“ vor. Dieses Buch wurde von den drei Verfassern unabhängig von der Facharbeitsgruppe AT erarbeitet.

Die Verfasser haben sich für einen Weg entschieden, der sich sowohl in der Abfolge der Methodenschritte als auch in der Nomenklatur an einigen Stellen von der historisch-kritischen Methode unterscheidet. Im ersten Kapitel „Einführung“ soll deutlich werden, dass das Ziel der Auslegung im Kontext von Theologie und Kirche nicht die historische Auslegung an sich, sondern die Verkündigung ist. Ein Gang durch die Auslegungsgeschichte illustriert, dass es die Methode nicht gibt und sich die Frage nach der angemessenen Auslegung immer wieder neu stellt. Im zweiten Kapitel „Text“ geht es nicht nur um die Textkritik, sondern auch um die Übersetzung, ein Thema, das in anderen Arbeitsbüchern kaum Erwähnung findet. Das dritte Kapitel „Literarische Analyse“ beschäftigt sich intensiv mit dem Text in seiner vorliegenden Form. Das vierte Kapitel „Historische Fragen“ packt das wohl „heißeste Eisen“ an. Mit dem fünften Kapitel „Theologische Auslegung“ wird eine echte Alternative vorgelegt. Während sich andere Methodenbücher fast ausschließlich mit der historischen Exegese begnügen, sollen hier Anregungen für eine gesamtbiblische theologische Interpretation gegeben werden. Das Ziel der Auslegung in Theologie und Kirche ist die Verkündigung. Deshalb folgen im letzten Kapitel „Der Text in der Verkündigung“ einige praktische Hinweise und Anregungen, die eine Homiletik natürlich nicht ersetzen können, aber doch das intendierte Ziel der Auslegung andeuten sollen.

Manfred Dreytza, Walter Hilbrands, Hartmut Schmid, Das Studium des Alten Testaments. Eine Einführung in die Methoden der Exegese. Wuppertal: Brockhaus 2002. 216 Seiten, Pb 13 x 20,6 cm, € (D) 14,90 / € (A) 15,40 / SFr 27,90, TVG Bibelwissenschaftliche Monographien, ISBN 3-417-29471-1, Best.-Nr. 229471.
Manfred Dreytza ist Dozent im Studienzentrum des Geistlichen Rüstzentrums Krelingen, Walter Hilbrands ist Lektor für Hebräisch und Altes Testament an der Freien Theologischen Akademie Gießen und Hartmut Schmid ist Studienleiter am Albrecht-Bengel-Haus, Tübingen.
Das Studium des Alten Testaments
aus: Evangelikale Theologie Mitteilungen - ETM 8/2 (2002)
Herausgeber: AfeT - Arbeitskreis für evangelikale Theologie

14.05.2003